PLAY!YA Nigeria
Junge Nigerianer/innen wollen ihr Leben selbst bestimmen, ihre Zukunft gestalten, ihr Land verändern. Die gesellschaftlichen Umstände sind jedoch schwierig:
Fehlende Jobs und Perspektiven, Korruption und Gewalt, Rechtlosigkeit und Armut prägen ihren Alltag und führen zu Frustration. PLAY!YA Nigeria arbeitet seit vielen Jahren daran, zusammen mit engagierten Bewohnerinnen und Bewohnern eine frei zugängliche Sport- und Freizeitanlage mit sozialem Charakter zu schaffen und hochwertige Bildungsangebote anzubieten.
AUF EINEN BLICK | PLAY!YA Nigeria |
› wo | Lagos (Nigeria) |
› was | soziales und ökologisches Sportprojekt für mehr Lebensqualität und Teilhabe junger Nigerianer | Kampagnen zu Gesundheit, Umwelt und sozialer Entwicklung | jährliches Fußballturnier für lokale Teams und Fortbildung für Trainer | Organisation des ersten und einzigen African Football Film Festival (AFFF) | Entwicklung eines langfristigen Nutzungsplans für das Sportfeld im Gowon Estate |
› wer | PLAY!YA Nigeria | Gowon Estate Community Development Association (CDA) |
› unterstützer | verschiedene (u.a. Sonnenstrahl Kinderfonds Stiftung, VfB Marl-Hüls, Deutsche Botschaft Abuja, Goethe-Institut Lagos) |
› kontakt | ![]() ![]() |
› links | ![]() ![]() ![]() ![]() |
Festliche Vergangenheit, grüne Zukunft
Die Siedlung Gowon Estate wurde Ende der 70er Jahre gebaut. Als ein seltenes Entwicklungsprojekt der nigerianischen Militärregierung unter General Gowon entstand es aus der Euphorie des damaligen Ölbooms und galt als eines der modernsten Wohnungsbauprojekte Afrikas. Als Ergänzung zum FESTAC Town diente es zunächst der Unterbringung von einem Teil der rund 45.000 Teilnehmer/innen des zweiten "World Black and African Festival of Culture" (FESTAC). Nach der Veranstaltung wurden die für nigerianische Verhältnisse komfortablen Wohnungen verteilt – per Losverfahren an "einfache" Bürger, durch Beziehungen an Beamte aus Ministerien, Militär und Polizei.
Heute leben fast 40.000 Menschen dort, die mehrheitlich der Mittelklasse zugerechnet werden. "Die Wohn- und Lebensverhältnisse haben sich jedoch in den letzten zehn Jahren deutlich verschlechtert. Die Regierung sorgt nicht mehr für Bau- und Instandhaltung, die hohe Umweltverschmutzung, fehlende Müllentsorgung, instabile Stromzufuhr, zunehmende Kriminalität und Drogenhandel machen das alltägliche Leben zu einer großen Belastung", erläutert Eze Alloysius, Leiter von PLAY!YA Nigeria.
Für ganz Gowon Estate sowie weitere benachbarte Stadtteile gibt es nur ein einziges Sportfeld. Es ist zwar stark heruntergekommen, aber dennoch ein wichtiger Treffpunkt für Jugendliche und junge Erwachsene, sagt Eze Alloysius: "Jeden Tag nutzen mehr als zehn Fußballteams sowie Schulen und Sportgruppen die Anlage, außerdem gibt es ein Basket- und ein Volleyballfeld.
Zwar ist das Gowon Estate Field offiziell für gemeinnützige Zwecke ausgewiesen, doch illegale Bebauung, Verwahrlosung und Bauvorhaben privater Investoren stellen die Existenz des Sportfelds in Frage. 2015 protestierten Hunderte von jungen Menschen zusammen mit PLAY!YA Nigeria gegen den geplanten Verkauf des Feldes durch die korrupte Gemeindeverwaltung – mehrere Aktivisten landeten dafür einige Tage im Gefängnis.
PLAY!YA Nigeria arbeitet seit Mitte 2009 in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern sowie mit Unterstützung aus Deutschland daran, für das Sportfeld ein langfristiges Nutzungskonzept zu erstellen. Die Vision ist ein soziales und ökologisches Sportzentrum mit einem befestigten Fußballfeld als Herzstück. Auf dem Weg in eine hoffnungsvolle grüne Zukunft wurden schon viele kleine Schritte unternommen.
Eigeninitiative gegen staatliche Willkür
Auf staatliche Unterstützung ist dabei kaum zu bauen: "Öffentliche Aufgaben wie die Ausbesserung der maroden Straßen, Abfallbeseitigung oder Wasserversorgung müssen wir selber in die Hand nehmen", so Eze Alloysius. Die örtliche Polizei möchte das Sportfeld gerne verkauft wissen, um so dem zunehmenden Drogenhandel rund um den Platz zu begegnen – man könnte auch von Desinteresse des Staates an der sozialen Realität sprechen.
2010 hat PLAY!YA Nigeria zusammen mit der lokalen Community Development Association (CDA) ein erstes großes Fußballturnier ausgerichtet, um auf die ungewisse Zukunft des Sportfelds aufmerksam zu machen. Vor und nach dem Turnier wurden gemeinsam Ideen gesammelt, wie der einzige Spiel- und Freiraum in Gowon Estate für die Zukunft gesichert werden kann. Dabei wurde auch über die größten Probleme wie illegale Bebauung oder Müllbeseitigung analysiert. In einem langfristigen Prozess soll die Begeisterung der Jugendlichen für den Sport genutzt werden, um sie für gesellschaftliche Probleme zu sensibilisieren und gemeinsam nachhaltige Lösungen zu finden.
Mitmachturniere, Aufklärungskampagnen, Filmfestivals
In den folgenden Jahren gab es mehrere Neuauflagen des "PLAY!YA Nigeria Grassroots Tournament" mit stetig wachsendem Zuspruch. Auch Prominente wie der ehemalige nigerianische Nationalspieler und Bundesligaprofi Taribo West fanden ihren Weg nach Gowon Estate, um mit den Jugendlichen über den beschwerlichen Weg in den Profifußball und die Gefahren von Menschenhandel mit jungen Spielern zu sprechen. 2015 wurde auch zum ersten Mal ein Turnier für Frauenfußballteams organisiert, um jungen Frauen mehr Raum und öffentliche Wertschätzung zu verschaffen.
Mit der Ausrichtung des ersten und einzigen afrikanischen Fußballfilmfestivals (African Football Film Festival, AFFF) hat PLAY!YA Nigeria eine weitere Veranstaltung auf die Beine gestellt, um Jugendliche und junge Erwachsene über das Thema Fußball für gesellschaftliche Fragen zu interessieren. Dabei werden vor allem weniger glanzvolle Seiten des Sports beleuchtet: Diskriminierung, Rassismus, Korruption oder Spielerhandel. Da die allermeisten Menschen in Afrika nur die Traumbilder der englischen Premier League oder der Bundesliga kennen, bietet das AFFF eine einmalige Gelegenheit zur kritischen Auseinandersetzung mit Fußball in Afrika und weltweit. Die Vernetzung mit anderen Fußballfilmfestivals rund um die Welt – Berlin, Bilbao, Buenos Aires, Paris, New York oder Shanghai – bietet zudem viele Anknüpfungspunkte.
Unterstützung kommt dabei auch immer wieder aus Deutschland: Die Sonnenstrahl Kinderfonds Stiftung hat mit einer großzügigen Spende die Durchführung mehrerer Turniere ermöglicht. Der Oberligist VfB Marl-Hüls hat bereits mehr als 50 Kilo Fußballausrüstung für die Teams in Gowon Estate gespendet. Die junge Fußballtrainerin Helen Schönbrodt aus Kassel hat während ihres dreimonatigen Lernaufenthalts mit dem ASA-Programm das Projekt besucht und Tipps und Tricks für zielgerichtetes Training ausgepackt. Und auch die Deutsche Botschaft in Abuja hat Sportausrüstung in Form von Trikots, Bällen und Netzen zur Verfügung gestellt.
PLAY!YA Nigeria zu Besuch in Deutschland
Zur engeren Abstimmung mit dem PLAY!YA-Team in Berlin und zum Ausbau seines Netzwerks ist Eze Alloysius seit 2009 mehrmals nach Deutschland gereist. Er war bei vielen Veranstaltungen wie den STRASSE!KICKT Open oder dem 11mm Fußballfilmfestival dabei und lernte dort zahlreiche deutsche und internationale Organisationen aus dem Bereich Sport und Entwicklung kennen. Seine Teilnahme am internationalen Trainerlehrgang des Fußballverbands Rheinland in Koblenz, eine mehrmonatige Trainertätigkeit in Steinfurt im Münsterland sowie Besuche bei Schulen und Projekten in ganz Deutschland lieferten immer wieder Anregungen und Motivation für die schwierige Arbeit in Lagos. Leider waren Versuche, weitere Unterstützerinnen und Unterstützer von PLAY!YA Nigeria für Fortbildungen nach Deutschland einzuladen, aufgrund der restriktiven Visavergabe der Deutschen Botschaft in Nigeria bislang nicht erfolgreich.
Gleichwohl werden all diese Erfahrungen und Kontakte dem Team von PLAY!YA Nigeria helfen, sich vor Ort besser für die nötigen Investitionen in Infrastruktur, Ausrüstung und vor allem die Menschen in Gowon Estate einzusetzen. Das Ziel bleibt eine frei zugängliche Sport- und Freizeitanlage mit sozialem Charakter und beispielhafter Umweltorientierung. Unterstützung und Know-How von außen sind dabei herzlich willkommen!